Ein Käfer will HOCH HINAUS
Nach einer wahren Begebenheit – von Leander Springer
Es war einmal ein kleiner Käfer, der wollte groß hinaus. Er war grün und braun und hatte einen kantigen Körper, so dass es aussah, als wäre er aus Papier gefalten. Der Käfer war so klein, dass er gut auf einer Fingerspitze Platz hätte.
An einem wunderschönen Novembermorgen verließ er sein Versteck und krabbelte auf dem Geländer einer Zugangstreppe zu einer Schule entlang. Niemand weiß, wie er dorthin gekommen war, doch dort war er nun und begann das Geländer entlang zu krabbeln.
Er nahm sich seine Zeit und überwand den schrägen Teil des Geländers problemlos. Während seiner Wanderung rückte die Zeit für den Schulbeginn der Menschenkinder immer näher, so dass sich bereits einige Kinder vor der Schule einfanden und in der kühlen Morgendämmerung auf den Einlass warteten. Der kleine Käfer ließ sich nicht beirren und wanderte weiter über den geraden Abschnitt des Geländers. Vorbei an der ersten Halterung und bald auch vorbei an der Zweiten, rückte er dem Ende des Geländers immer näher. Öfters legte er Pausen ein, blieb stehen und verharrte an einem Ort, denn er hatte Zeit. So tat er auch kurz bevor er die Schulmauer, in die das Geländer endete, erreichte. Die Entfernung von ihm zur Wand war kürzer als eine Hand.
Plötzlich läutete die Schulglocke zum Einlass und die Kinder verschwanden eins nach dem anderen in die Schule, während der kleine Käfer wieder weiter krabbelte.
Nach kurzer Zeit berührten seine Fühler die Mauern des Schulhauses, doch dies ist keineswegs eine Sackgasse. Käferbeine können auch an Wänden laufen und für den kleinen Käfer gibt es nur eine Devise: Es geht immer weiter voran. Es brauchte etwas Zeit um Halt zu finden und an die Wand zu klettern und schon bald hing er in der Vertikale.
Jetzt geht es steil nach Oben. Immer höher klettert der kleine Käfer. In ein paar Minuten ist er höher geklettert als die Eingangstür hoch reicht. Der kleine Käfer erklimmt das Schulhaus, Stockwerk für Stockwerk. Manchmal muss er sogar über Kopf an der Wand entlang, um die dekorativen Elemente der Mauer zu überwinden.
Die Schulstunden vergehen und der Käfer kommt hoch hinaus. Als bald der Unterricht endet, erreicht der Käfer das Schuldach. Jetzt überwindet er die dunklen Dachziegel, steuert Ziegel für Ziegel auf den höchsten Punkt des Daches zu.
Niemand weiß was der Käfer tat als er das Dach vollständig erklomm. Man sagt er hätte die Aussicht genossen und sei dann fort geflogen. Wie ein Marienkäfer der auf einem Stock sitzt und zum losfliegen zum oberen Ende krabbelt soll er sich verhalten haben. Nur anstatt eines Stocks krabbelte unser kleiner Käfer auf einem Schulhaus ganz nach oben. Er hätte zu jeder Zeit losfliegen können, doch er krabbelte weiter an der Mauer entlang, bis er ganz oben war und er nicht mehr weiter hochkonnte. Erst zu diesem Zeitpunkt soll er geflogen sein.
Der kleine Käfer hatte bestimmt ab und zu Schwierigkeiten, das Haus hinauf zu klettern, doch aufgegeben habe er nie. Am Ende konnte er einen neuen und wunderschönen Ort für sich entdecken und von allem Käfern am höchsten in die Lüfte starten.
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